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Heron-Verfahren
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Schriftliches Wurzelziehen

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Wie bei den Grundrechenarten existiert auch für das Ziehen der Quadratwurzel ein Verfahren der schriftlichen Berechnung, das seinerseits nur mit den Grundrechenarten auskommt.

Die grundlegende Idee des Verfahrens ist, daß man Zahlen im Dezimalsystem als Summe ihrer Stellen schreiben kann: Zum Beispiel ist 47 = 40 + 7. Das Quadrat von 47, also 472, wäre dann gleich (40 + 7)2.

Bekanntlicherweise läßt sich ein derartiger Ausdruck (a + b)2 nach der 1. binomischen Formel so vereinfachen: (a + b)2 = a2 + 2ab + b2. Im obigen Zahlenbeispiel: (40 + 7)2 = 402 + 2·40·7 + 72 = 1600 + 560 + 49 = 2209.

Der Teil 2ab + b2 bleibt dabei immer kleiner als der Abstand zwischen a2 und der nächst größeren Möglichkeit für a2, denn die ist (a + 10)2 = a2 + 20a + 100. Die Differenz zu a2 beträgt a2 + 20a + 100 - a2 = 20a + 100, und das ist stets größer als 2ab + b2, denn b<10 und a10; und die Differenz ist stets positiv: (20a + 100) - (2ab + b2) = 100 - b2 + 20a - 2ab = (10 - b)(2a + b + 10) > 0 für alle b mit 10 > b ≥ 0 und a ≥ 0.

Wenn man nun umgekehrt vorgeht und versucht, zu einer drei- oder vierstelligen Zahl c zwei Zahlen a und b zu finden mit c = (a + b)2, also √c = a + b, dann kann man a aufgrund dieser Eigenschaft eindeutig bestimmen.

Das Quadrat der zweistelligen Zahl a ist drei- oder vierstellig (a{100; 400; 900; 1600; ... ; 8100} ). Damit findet man a (d.h. die erste Ziffer der Wurzel), indem man die größte Quadratzahl kleiner oder gleich der dritten und vierten Stelle (von rechts) von c findet. a ist dann das Zehnfache der Wurzel dieser Quadratzahl.

Beispiel: Gesucht sei die Wurzel von 1521. Man trennt die dritte und vierte Stelle von rechts vom (gedachten) Komma ab, also 15, und findet mit 9 die größte Quadratzahl kleiner oder gleich dieser Zahl. Damit ist die erste Ziffer der Wurzel 3 (= 9) und a ist 3·10 = 30.

Nun zieht man von 1521 das Quadrat von 30 ab:

   1521   =  3...
   - 900
    ————
     621

Der Rest 621 muß nun gleich 2ab + b2 sein. Das b muß noch gefunden werden. Weil a>b, ist 2ab>b2 und 2ab eine gute Anfangsnäherung für die Berechnung von b: 621 2ab, und b 621/(2a). Die Näherung kann nur zu groß sein (wegen der Vernachlässigung von +b2). Durch Ausprobieren (um 1 vermindern) findet man leicht den richtigen Wert. (Siehe unten.)

Statt mit a=30 rechnen wir mit der oben gewonnenen ersten Ziffer der Wurzel w=3 und schreiben b 621/(20w) = 621/60 = 10,35.

Ist also b=10? — Nein! Schon weil b ja höchstens 9 sein kann (es ist ja die Einerstelle der Wurzel), muß die Näherung b=10 zu groß sein. Das ist aber längst nicht alles, was b erfüllen muß:

Der Term 2ab + b2 = 20wb + b2 muß kleiner oder gleich dem Rest 621 sein. Daher muß b solange um eins nach unten korrigiert werden, bis diese Forderung erfüllt ist. Mit b=9 ergibt sich 20wb + b2 = 60·9 + 81 = 621, also genau der Rest. Mit b=9 ist somit die zweite Ziffer des Ergebnisses und außerdem sogar die genaue Quadratwurzel von 1521 gefunden.

  
   1521   =  39
   - 900       = a2
    ————                      Berechne näherungsweise b mit r/(2a).
     621       =: r           Korrigiere b nach unten, bis 2ab + b2  r
   - 621       = 2ab + b2                
    ————
       0

Es ist mit Blick auf den Rechenaufwand übrigens günstiger, den Term 2ab + b2 in der Form (2a + b)·b zu berechnen.

Bei drei- und mehrstelligen Wurzeln R = a + b + c +... kann ähnlich vorgegangen werden. Denn nach dem zweiten Schritt des oben erläuterten Verfahrens bleibt ein Rest, in dem die Summanden a2, 2ab sowie b2 bereits fehlen und die weitaus größten verbleibenden Summanden 2ac und 2bc sind. Wegen 2ac + 2bc = 2c(a+b) = 2c·10w bekommt man wiederum die beste Näherung für die nächste Ziffer c, indem man den Rest durch das Zwanzigfache der bereits bekannten Ziffern w der Wurzel teilt.

Da n-stellige Zahlen 2n-stellige oder 2n-1-stellige Quadrate haben, gibt es eine Korrelation zwischen je zwei Ziffern des Radikanden und je einer Ziffer der Wurzel. Das stellte sich ja schon oben heraus. Eine n-stellige Zahl hat eine Int(n/2+1)-stellige Wurzel. Im Dezimalsystem (wie in jedem Stellenwertsystem) ist die minimale Änderung jeder Ziffer immer größer als die maximale Änderung ihres rechten Nachbars. Die Quadrate der Stellen verhalten sich natürlich ebenso.

 

Zahlenbeispiel

Gesucht ist die Wurzel von 387654,321.

1. Zur praktischen Durchführung des Verfahrens wird zunächst der Radikand rechts und links vom Komma in Zweierpäckchen aufgeteilt, wobei gegebenenfalls Nullen ergänzt werden müssen. 38 76 54, 32 10
2. Die erste Ziffer der Wurzel ist das größte Quadrat, das kleiner oder gleich dem ersten Zweierpäckchen ist.

72 > 38 62

Die erste Ziffer der Wurzel ist die 6.

3. Ähnlich dem schriftlichen Dividieren zieht man vom ersten Zweierblock das gefundene Quadrat ab und holt (anders als beim Dividieren) die nächsten beiden Ziffern nach unten.
          38 76 54,32 10 = 6...
          -36
           ——
            2 76
4. Man teilt den Rest durch das Zwanzigfache der bisher gefundenen Wurzel und verwendet den ganzzahligen Anteil als Näherung für die nächste Ziffer der gesuchten Wurzel. Sie ist möglicherweise noch zu groß — siehe nächsten Schritt.

276 : (20·6) = 276 : 120 = 2,3

b = 2 ?

5. Man berechnet (20·w + b)·b und verkleinert b gegebenenfalls solange um 1, bis das Resultat kleiner als der Rest ist. Dies ist recht häufig beim ersten Mal der Fall, später kommt es sehr selten vor.

(20·w + b)·b = (20·6 + 2)·2 = 244

244 < 276 (OK)

6. Die nächste Ziffer der Wurzel ist das in den letzten Schritten gefundene b. Berechne den neuen Rest durch Subtraktion von (20·w + b)·b und Anhängen der nächsten Zweiergruppe.
        38 76 54,32 10 = 62...
        -36
         ——
          2 76
         -2 44
          ————
            32 54 
7. Wiederhole die Schritte 4 – 6, bis der Rest 0 ist und keine Zifferblöcke >00 mehr heruntergeholt werden können, oder bis die gewünschte Genauigkeit erreicht ist.
Falls der Radikand nach dem Komma keine Zweierpäckchen mehr liefert, hole wie bei der Division "00" herunter. Das Komma wird (im Geiste) gesetzt, sobald auf die Zweiergruppen nach dem Komma zugegriffen wird (siehe Nr. 8). Gerechnet wird aber mit Zwischenergebnissen ohne Komma.

3254 : (20·62) = 2,58...

b = 2 ?


(20·w + b)·b = (20·62 + 2)·2 = 2484

2484 < 3254 (OK)


   38 76 54,32 10 = 622,...
   -36
    ——
     2 76
    -2 44
     ————
       32 54
      -24 84
       —————
        7 70 32


77032 : (20·622) = 6,19...

b = 6 ?


(20·622 + 6)·6 = 74676

74676 < 77032 (OK)


   38 76 54,32 10 = 622,6...
   -36
    ——
     2 76
    -2 44
     ————
       32 54
      -24 84
       —————
        7 70 32
       -7 46 76
        ———————
          23 56 10


235610 : (20·6226) = 1,89...

b = 1 ?


(20·6226 + 1)·1 = 124521

124521 < 235610 (OK)


   38 76 54,32 10 = 622,61...
   -36
    ——
     2 76
    -2 44
     ————
       32 54
      -24 84
       —————
        7 70 32
       -7 46 76
        ———————
          23 56 10
         -12 45 21
          ————————
          11 10 89 00


11108900 : (20·62261) = 8,92...

b = 8 ?


(20·62261 + 8)·8 = 9961824

9961824 < 11108900 (OK)


 38 76 54,32 10 = 622,618...
 -36
  ——
   2 76
  -2 44
   ————
     32 54
    -24 84
     —————
      7 70 32
     -7 46 76
      ———————
        23 56 10
       -12 45 21
        ————————
        11 10 89 00
       - 9 96 18 24
        ———————————
         1 14 70 76 00

und so weiter...
 

8. Setze im Ergebnis das Komma nach sovielen Stellen, wie sich im Radikanden (angefangene) Zweiergruppen vor dem Komma befinden.

Der Radikand 387654,321 hat vor dem Komma drei Zweiergruppen an Ziffern (38, 76 und 54), daher wird das Komma auch nach drei Stellen der gefundenen Ziffernfolge 622618 gesetzt:
387654,321 = 622,618...

 


Interaktive Berechnungsbeispiele

Im folgenden Teil kann der Algorithmus über ein Javascript an beliebigen Radikanden (>1) nachvollzogen werden. Wie in der obigen Darstellung zu erkennen ist, wachsen die Zahlen der Zwischenrechnungen mit der Zahl der zu berechnenden Stellen an. Javascript kann mit etwa 15 Stellen genau rechnen. Darüber hinaus treten Rundungsfehler auf, die sich eklatant bemerkbar machen. Daher habe ich hier die optionale Möglichkeit geschaffen, theoretisch beliebig lange/große Zahlen berechnen zu lassen. Der alternative Algorithmus wird verwendet, wenn das Optionsfeld angekreuzt ist.

Hinweis:
Da Java momentan nicht verfügbar ist, ist der Algorithmus für große Zahlen leider ziemlich langsam!

=

Genauigkeit: Dezimalstellen         verwende Algorithmus für große Zahlen
langsam, falls Java nicht aktiviert ist


 


Version: 29. 12. 2002
© Arndt Brünner
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